»Viele Menschen haben mich gefragt, wie man die Gewaltfreie Kommunikation im Zusammenhang mit Terrorismus anwenden könne. Zunächst einmal müssen wir Bilder wie „Terrorist“ und „Freiheitskämpfer“ loswerden. Solange wir uns die andere Seite als Terroristen vorstellen und uns selbst als Freiheitskämpfer, sind wir Teil des Problems. Dann müssen wir uns einfühlen in das, was in diesen Menschen lebendig war, als sie taten, was für uns so beängstigend und schmerzhaft war – um zu sehen, welche menschlichen Bedürfnisse sie damit zu erfüllen versuchten. Solange wir keine einfühlsame Verbindung damit aufnehmen können, werden wahrscheinlich all unsere Handlungen aus einer Energie kommen, die noch mehr Gewalt entstehen lässt.
Was die Menschen betrifft, die Dinge taten, die wir als Terrorismus bezeichnen, bin ich mir sicher, dass sie ihren Schmerz seit mehr als 30 Jahren in vielen unterschiedlichen Formen ausgedrückt haben. Da wir ihn nicht emphatisch aufnahmen, als sie ihn noch auf sanftere Weise zeigten – sie versuchten uns ihre Verletztheit mitzuteilen, dass einige ihrer heiligsten Bedürfnisse durch die Art, wie wir unsere ökonomischen und militärischen Interessen erfüllten, nicht respektiert wurden –, ereiferten sie sich zunehmend. Schließlich nahm ihre Erregung eine schreckliche Form an.
Das wäre also das Erste: Statt sie als Terroristen zu sehen, müssen wir uns in sie einfühlen. Für viele Menschen klingt das, als wäre Terrorismus in Ordnung – wir sollten bloß lächeln und uns so verhalten, als wäre es okay, Tausende von Menschen zu töten. Ganz und gar nicht! Nachdem wir uns eingefühlt haben, müssen wir unseren eigenen Schmerz klar darstellen; welche unserer Bedürfnisse durch ihr Handeln nicht erfüllt wurden. Und wenn wir diese Verbundenheit mit diesen Menschen hergestellt haben, können wir einen Weg finden, um alle Bedürfnisse auf friedliche Weise zu erfüllen. Wenn wir sie jedoch als Terroristen bezeichnen und sie dann dafür bestrafen, können wir jetzt schon sehen, was wir davon haben: Gewalt schafft noch mehr Gewalt.
Darum ist das Erste, was wir bei der Ausbildung von Menschen im Umgang mit „Terrorbanden“ tun, die notwendige „Verzweiflungsarbeit“: nach innen schauen und mit dem eigenen Schmerz bezüglich der Cliquen umgehen. Man kann sämtliche Feindbilder, die man von anderen Menschen hat, in Klarheit über die eigenen unerfüllten Bedürfnisse verwandeln. (…)
Der Wandel wird dann eintreten, wenn die Menschen ihre Sichtweise radikal verändern, wenn sie effektivere Möglichkeiten erkennen, mit denen sie ihre Bedürfnisse befriedigen können.«
aus: Marshall Rosenberg: Die Sprache des Friedens sprechen. Junfermann Verlag.